Dritte Liga Süd Herren
TV Bliesen – LAF Sinzig 3:2 (25:23; 22:25; 22:25; 25:19; 17:15)
Trotz des personell ausgedünnten Kaders fand sich erst im letzten Moment das noch fehlen-de Auto für die Reise der Sinziger zum ersten Spieltag beim diesjährigen Mit-Meisterschaftsfavoriten Bliesen. „Unser Fuhrpark ist noch kleiner, als unser Team“ kommen-tierte Trainer Gilbert Deurer lakonisch den holprigen Start, der allerdings die Leistung der Sinziger keineswegs negativ beeinträchtigen sollte. Denn die eigentlich erwartete klare Nie-derlage blieb aus. Im Gegenteil: Nach einem knappen 0:1-Rückstand (23:25) zogen die Sin-ziger an den Saarländern vorbei, lagen sogar mit 2:1 in Führung (25:22, 25:22), um dann nach Verlust des vierten Satzes (19:25) den Tie-Break unglücklich mit 15:17 zu verlieren. So stand es am Ende dieses zweieinhalb-Stunden Krimis 2:3 aus Sinziger Sicht – ein Ergebnis, mit dem man eigentlich zufrieden sein könnte. Eigentlich ! Doch der Reihe nach:
Zunächst überzeugte der Gastgeber wieder mit einer professionell organisierten Veranstal-tung, mit einer randgefüllten Zuschauertribüne, guter Stimmung und einem beeindruckend breiten 12-Mann-Kader nebst 2 Trainern. Dem standen durchaus gut gelaunte 8 Rheinländer gegenüber – ergo eine Wechselmöglichkeit für Trainer Deurer.
Bliesen begann gewohnt stark mit gewaltigen Sprungaufgaben – gleich der erste Aufschlag sollte ein Ass und damit ein direkter Punkt für den Gegner sein. „Au-wei, wenn das schon so anfängt“ beschrieb Kapitän Matthias Michno später seine Gedanken bei diesem Spielbeginn. Auch am Netz beeindruckten die Gastgeber – aufgrund ihrer physischen Dominanz – mit kra-chenden Angriffen. Doch nach diesem ersten und einzigen Aussetzer zu Beginn fand die Annahme um den an diesem Tag glänzend agierenden Libero Jan-Niklas Comes sofort per-fekt in das Spiel. So konnten die Sinziger – immer mit ein-zwei Punkten Rückstand – den Satz bis zum knappen Ende von 23:25 offen halten. Dabei waren die Punkte der im Schnitt deutlich kleineren Sinziger Spieler weit weniger spektakulär, zeugten aber von Spielwitz und –übersicht.
Und damit gelang den Rheinländern im zweiten Satz ein nicht nur weiterhin ausgeglichenes Spiel. Sie gingen selbst immer wieder mit 2 bis 3 Punkten in Führung. Bliesen leistete sich mit seinen knallhaarten Sprungaufgaben immer wieder Fehler, die den gegnerischen Trainer zur Umstellung der Aufschlagstaktik zwangen. Auch begannen die Saarländer überraschend und mutmaßlich aufgrund steigender Fehlerquote die Bälle kurz hinter den Sinziger Block abzulegen. Doch bereits nach dem ersten dieser überraschenden Bälle stellte sich die Sinzi-ger Abwehr glänzend hierauf ein. Es kam zu teils spektakulären Feldabwehrszenen von Li-bero Comes, den Michno-Brüdern und Konstantin Skok – hier gelang es insbesondere Skok schon verloren geglaubte Bälle „zu retten“ und den Ball im Spiel zu halten. Aufbauend auf einer weiterhin sehr stabilen Annahmeleistung von Libero Comes und den beiden Außen-Annahme-Spielern Merlin Hinsche und Konstantin Skok konnte Zuspieler Matthias Michno sein gewohnt schnelles und variables Passspiel entfalten. Mit der Folge, dass die Sinziger Angreifer selten auf die erwartete geschlossene Blockfront der Saarländer trafen. Nahezu spiegelverkehrt zum ersten Satz rettete Sinzig einen knappen Vorsprung mit 25:22 ins Ziel.
Nach dem zweiten Satz hatte der Ausrichter eine 10-minütige Pause eingeplant. Gelegenheit Bilanz zu ziehen: Wie im Vorfeld gehofft konnte das Sinziger Rumpfteam mit einer lockeren Einstellung auch beim eigentlich überlegenen Gegner mithalten und physische Schwächen durch spielerische Qualitäten ausgleichen. Punktete Bliesen, so gelang dies mit gewaltigen Schlägen; doch der weit weniger auffällige Sinziger Konter fand auch ins Ziel und war eben auch einen Punkt wert. „Noch einen Satz, dann haben wir den ersten Punkt und sind 7 vor Friedrichshafen“ peitschte Kapitän Matthias Michno in der Kabine seine Mannen an. Und so sollte es auch kommen:
Auch wenn die Führung im dritten Satz mehrfach wechselte, so gewannen die Barba-rossastädter diesen doch ebenfalls und in gleicher Manier mit 25:22. Und das trotz nunmehr einsetzender durchaus als umstritten zu betrachtender Schiedsrichterentscheidungen zum Nachteil Sinzigs. Hier dürfte der Leitende nicht unbeeinflusst von der wie immer in Bliesen beeindruckenden Zuschauerkulisse und der durchaus ansprechenden Stimmung in der Halle geblieben sein. Doch in dieser Phase drehte insbesondere Mannschaftskapitän Matthias Michno auf, versenkte mehrfach selber die Bälle in teils spektakulärer Manier beim Gegner, band dadurch für die folgenden Spielzüge den gegnerischen Blick bei sich und setzte seine Angreifer brillant in Szene. Hervorzuheben ist hier Sinzigs Mittelmann Patrick Hehmann, der aus dem Hinterfeld donnernde Echos im gegnerischen Feld platzierte und an diesem Tag bester Angreifer der Rheinländer werden sollte. Dies blieb nicht ohne Eindruck beim Gegner: Die Zuschauer staunten nicht schlecht und feuerten nur noch verhalten an – sahen sie doch nun immer wieder Aufschlags- und Angriffsfehler bei ihrer Mannschaft. Dies war wohl auch der Sinziger Taktik geschuldet, die gegnerischen und im Grunde überragenden Angreifer in der Annahme zu binden oder die Aufschläge in deren Laufwege zu spielen. Bemerkenswer-terweise war es ein gewaltiger Einerblock von Zuspieler Matthias Michno der den letzten Punkt in diesem Satz für Sinzig markierte.
Trotz dieser spielerischen und taktischen Ausrichtung gelang es den Sinzigern im vierten Satz allerdings nicht, den dort im Angriff immer besser und schließlich überragend agieren-den Markus Jungmann (Nr.18) zu stoppen. „Der hatte ab jetzt eine Quote von fast 100 %“ attestierte Trainer Deurer dem gegnerischen Angreifer, der nunmehr von seinem Zuspieler aus fast allen Positionen in Szene gesetzt wurde. Bei aller Freude über den Gewinn des ers-ten Punktes gelang es den Sinzigern nicht, das Niveau der beiden vorherigen Sätze zu hal-ten. In allen Bereichen schlichen sich Fehler ein. Hinzu traten erneut strittige Entscheidungen der Schiedsrichterleitung, die nicht geeignet waren, die Konzentration der Sinziger auf das Wesentliche zu stärken. Also ging dieser Satz – als einziger verhältnismäßig deutlich und – zu Recht mit 19:25 an die Hausherren.
Diese hielten im nunmehr entscheidenden letzten Durchgang zunächst den Druck aufrecht und zogen schnell mit 4:0 und 5:1 davon. Die Körpersprache der Sinziger zeigte nicht nur Ermüdung; es deutete sich eine angesichts des bisherigen Spielverlaufs unerfindliche Re-signation an. Doch in der nun nötigen Auszeit gelang es allen, sich aufzuraffen und im Fol-genden wieder mit Spielwitz, aber auch mit der notwendigen mannschaftlichen Aggressivität zum 5:6 aufzuschließen. Der nun folgende Spielzug aus eigenem Aufschlag heraus sollte sich möglicherweise als spielentscheidend erweisen: Im Block sprang Konstantin Skok auf den Fuß seines Mittelblockers Manuel Michno und verletzte sich so schwer, dass er sofort die Auswechslung anzeigte; sich mit Schmerzen auf dem Boden windend rutschte er noch während des laufenden Spielzuges aus dem Feld. Zwar gelang der 6:6-Ausgleich. Doch war dieser Ausfall eine entscheidende Schwächung in einem Spiel, das auf eine Zielfoto-Entscheidung zusteuerte. Aufgrund der Verletzung erhielt Esteban Deutschmann, Sinziger Neuzugang aus Guatemala und einzige Wechselmöglichkeit im schmalen 8-Mann-Kader, seine Einsatzmöglichkeit. In dieser schwierigen Situation erledigte er seine Aufgabe aller-dings mit Bravour: Selbstredend suchten die Gegner nunmehr den Neuen in Sinzigs Annah-meriegel, doch Deutschmann brachte jede Annahme solide zu seinem Zuspieler, so dass mit einem nur knappen Rückstand von 7:8 die Seiten gewechselt wurden. „Wenn wir mit 7:8 die Seiten wechseln, dann gewinnen wir das noch“ hatte Trainer Deurer noch nach dem Rück-stand von 1:5 zu seinem Libero Comes auf der Bank geraunt – doch diese Prophezeiung beinhaltete eben nicht die Verletzung von Skok. Der Satz blieb nach dem Seitenwechsel zwar bis zum 15:15 offen. Doch nach dem Ausfall von Skok fehlten Zuspieler Michno nun-mehr die eingespielten Alternativen im Angriff. So fokussierte sich Bliesens Block im letzten Spielzug schon früh auf Sinzigs besten Angreifer Hehmann, der aus der Hinterzone das ein-zige Mal in diesem Spiel ohne Chance blieb.
„Ein gewonnener Punkt, keine Frage. Aber der Schiri hat uns entscheidende Punkte in die-sem knappen Spiel gekostet“ kommentierte ein frustrierter Hehmann nach dem Spiel. Viel
ärgerlicher und bitterer für die Sinziger ist aber der Ausfall von Außen-Annahme- und insbe-sondere Feldabwehrspezialist Konstantin Skok. „Am Knochen ist wohl nichts, aber die Au-ßenbänder tun höllisch weh“ suchte Skok das Geschehen nach dem Spiel einzuordnen. Und: „Das wird bestenfalls 2-3 Wochen dauern“. So fällt die Bilanz von Sinzigs Trainer Deurer nach dem Spiel durchwachsen aus: „Geiles Spiel. 1 Breakpunkt gewonnen. Guter Einstieg von Manuel Michno auf der Mittelposition und von Dirk Funk als Neuling auf der Diagonalen. Klasse Annahme. Doch ohne Konstantin weiß ich nicht, wen ich noch einwechseln soll. Es-teban hat seinen Job kalt von der Bank sehr gut gemacht – aber Konstantin ist bei uns kaum zu ersetzen. Es bleibt schwierig“.
Für Sinzig spielten: Matthias Michno, Dirk Funk, Manuel Michno, Patrick Hehmann, Merlin Hinsche, Konstantin Skok, Jan-Niklas Comes und Esteban Deutschmann. (GMD)